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Märchen
in der Sterbebegleitung - Fortbildung für Hospizmitarbeiter / - innen
Märchen
sprechen in der Bildersprache. Ganz junge und ganz alte Menschen
leben in ihr. Sie schildern menschliche Entwicklungswege
ohne erhobenen Zeigefinger. Sie geben auch keine intellektuellen
Anweisungen für das Verhalten, sonst bliebe der Zuhörer
im Denken und erlebte die Entwicklungswege nicht beispielhaft innerlich
mit. Es ist der Kunstgriff der Märchen, daß der Zuhörer
in die Figuren des Märchens hineinschlüpft. Wenn er in
die böse hineinschlüpft, dann erlebt er am Ende
die Folgen seines Handelns in der "Strafe" -
besser im Ausgleich. (Vergl. den Zwerg in Schneeweißchen und
Rosenrot!) Wenn er sich nicht mit der Figur verbunden hätte,
dann hätte er die Entwicklung nicht erlebt, sondern nur gedacht. Wirklich verstehen kann man aber nur, was man erlebt hat.
Im
Leben kommen nun immer wieder Situationen auf uns zu, die uns zum
Handeln auffordern. Und die Märchen schildern menschliche
Entwicklungswege, die uns Mut machen, diese Aufforderung
zu ergreifen. Sie
erklären uns das nur nicht gedanklich, sondern stellen es bildlich
vor uns hin. Aber ist es vor dem Tod nicht zu spät dafür?
Wenn
wir am Ende unseres Lebens zurückblicken,
dann mögen wir den Eindruck haben, dieses war gut - jenes war
schlecht, aber: "Ich kann nichts mehr daran ändern,
das Leben liegt hinter mir!" Vielleicht
quälen wir uns auch wegen einzelner Taten oder Unterlassungen
mit Selbstvorwürfen. Es gibt aber heute viele Schilderungen
seelischer Erlebnisse nach dem klinischen Tod (sogenannte Nahtoderlebnisse),
die unsere Wahrnehmungsmöglichkeiten über das Zählbare,
Meßbare und Wägbare der Naturwissenschaft hinaus zu erweitern
scheinen: Der liebe Gott ist in allem, was wir verstehen
können, so großzügig - warum sollte er uns nur ein
einziges Leben zumessen? Kann man sich nicht vorstellen, daß
wir uns in aufeinander folgenden Leben weiterentwickeln dürfen,
so wie wir auch von Tag zu Tag dazulernen? Kann es nicht sein, daß
wir uns bemühen dürfen, begangene Fehler und Abirrungen
in einem folgenden Leben wieder auszugleichen, so gut wir es vermögen?
(Vergl. das Evangelienbild vom Verlorenen Sohn, Lukas 15). Bevor
ich der Gnade Gottes teilhaftig werde, kann er wohl von uns erwarten,
daß wir ihm einen Schritt entgegengehen. Es ist deshalb nie
zu spät für eine Sinnesänderung und einen Neuanfang,
gerade am Lebensende, wo wir einen Überblick über unser
vergangenes Leben gewinnen können. Der Hospizmitarbeiter
hat in der Sterbebegleitung die Möglichkeit, diesen Überblick
in Gesprächen zu vervollständigen. Wenn er es in dem Bewußtsein
weiterer möglicher Entwicklung tut, kann er dem Sterbenden
Ruhe und Gelassenheit schenken. Er kann ihm damit helfen,
sich vertrauensvoll und zuversichtlich zu lösen.
So
wie wir träumen, und so wie kleine Kinder mit der Welt leben,
so leben auch alte Menschen vor ihrem Tod oft in einer Traum - /
Bilderwelt und sind deshalb gerade mit Märchen zu erreichen,
zu trösten, zuversichtlich zu stimmen. Dabei erleben
wir, daß ein Mensch umso empfindlicher und hellfühliger
wird, je schwächer er wird. Gerade wenn er nur noch schwach
reagiert oder nicht mehr antwortet, heißt das nicht, daß
er nicht wahrnimmt. Auch, wenn er nicht reagiert, nimmt er vielleicht
auf, was ich ihm vorlese oder erzähle.
Beipiel
für träumerisches Leben:
a)
Ein kleines Kind spielt mit zwei Steinchen Kuh
und Hahn: "Hast du Hunger? Hier hast du was zu essen…".
Der Vater kommt und sagt: "Räum die Steine weg, wir wollen
den Tisch decken!" Das sind zwei Welten.
b)
Seniorin, 95 J., beim Abschied: "Aber die
Cornelia muß doch zum Bahnhof!" Ich sehe diese Cornelia
im Zimmer nicht, aber ich sage: "Na, ich bin doch mit dem Auto
da. Ich kann sie hinbringen." Antwort der Sterbenden: "Dann
ist ja alles gut."
Empfehlungen
für bestimmte Märchen (Literaturlisten
Schlechtinger, Jentzsch) gebe ich nicht gerne. Jeder Vorleser /
Erzähler muß im Einzelfall abspüren, was er dem
Kranken, dem Sterbenden zumuten kann. Er sollte nur das vorlesen oder
erzählen, mit dem er selbst ganz einverstanden ist, ohne zu
zweifeln. Dazu ist das Beschäftigen mit der Bedeutung der Märchen
eine gute Voraussetzung. Siehe --> Märchendeutung.
Referenzen:
25
.- 26. Mai 2004 "Hilfen zur Sterbebegleitung",
zwei Seminare auf der Pflegefachtagung der Heilmittelfabrik WELEDA,
73625 Schwäbisch Gmünd, Möhlerstr. 3, Tel. 07171
- 919 - 0
29.
Januar 2005 "Märchen in der Sterbebegleitung" Kurs 13.30 - 17.30 Uhr im Hospizdienst 73430 Aalen, Wilhelm-Merz-Str.
4, Tel. 07361 - 555 056
11. Januar 2014, 8.30 - 12.30 Seminar "Märchen in der Sterbebegleitung" für die Hospizvereine Plochingen / Deizisau, Reichenbach, Wernau, in 73207
Plochingen, Hindenburgstr. 57 - Kontakt: Frau Schick T. 07153 - 26 573
(Stand:
27.2.2006, 6.10.2008, 29.1.2012, 1.4.2014)
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Druckversion Flyer "Hospiz"
--> Vortrags-Nachschrift (4 DINA4-Seiten) Jan. 2014
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