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Katze
auf Dovre (F.
Jentzsch nach Asbjörnsen / Moe: Norwegische Märchen)
1)
Text Es war einmal ein Mann von Finnmark, der hatte einen großen
weißen Bären gefangen, den wollte er dem König von Dänemark
zum Geschenk brinken. Aber der Weg war weit, und er mußte
zu Fuß gehen und den Bären führen.
Und
so kam er am Jul-Abend – was bei uns Weihnachten ist
- beim Dovreberg an, da standen nur eine Handvoll Holzhütten.
Er ging zur ersten Hütte - die gehörte dem Halvor
- und klopfte an die Tür. Halvor öffnete: "God
Dag, was willst du?". "Oh, Kannst du mir in deiner
Hütte ein Nachtquartier geben – für mich und
den Bären?. »Ach Gott bewahre!« sagte Halvor,
» an jedem Jul-Abend haben wir hier das Haus voller
böser Trolle, wir müssen selber fliehen, und haben
dann kein Dach über dem Kopf !«. »Na, deswegen
kannst du mir die Hütte ruhig überlassen«
,sagte der Mann aus Finnmarken, »ich habe keine Angst,
und der Bär: sieht der aus, als wenn er Angst hätte?" Sie handelten eine Weile hin und her, aber dann wurde es ihm
erlaubt.
Halvor
mit den Seinen floh, denn er hatte Angst. Der Mann aus Finnmark
legte sich in den Alkoven und schloß die Türen,
da war es gemütlich warm. Der Bär kroch unter den
hochbeinigen eisernen Ofen, hinter dem das Birkenholz trocknete.
In der Hütte war aber alles für die Trolle vorbereitet.
Der Tisch war gedeckt mit Rahmgrütze, Lutefisch (Kabeljau)
und Würstchen und lauter guten Sachen, grad wie zu einem
prächtigen Gastgelage.
Bis
Mitternacht blieb alles ruhig. Aber dann sprang die Tür
auf, und die Trolle kamen herein, große, kleine, mit
langen Schwänzen, manche auch schwanzlos, manche so alt,
daß ihnen das Moos auf Kopf und Schultern wuchs......und
einige hatten lange, lange Nasen. Sie liefen um den Tisch
herum, schnüffelten und begannen von allem zu kosten
und zu schmausen. Plötzlich sah eins von den Trolljungen
den Eisbären unter dem Ofen liegen, nahm ein Stück
Wurst, spießte es auf die Gabel, briet es am Feuer,
und als es ganz heiß war, ging zu dem Bären und
steckte es ihm in die Nase. »Katze ,willst du Wurst
haben?«; schrie er. Der Bär verbrannte sich, fuhr
auf, brummte und jagte die ganze Trollbande hinaus. Da war
Ruhe am Jul-Abend.
Übers
Jahr, am Morgen des Julfestes, dachte Halvor , die Trolle
kämen wieder und wollten ihr Festessen haben, und er
begann vor der Hütte Holz zu hacken. Da hörte er
plötzlich aus dem Walde seinen Namen rufen: »Halvor,
Halvor!«
“Ja?«, rief Halvor. »Ist die große
weiße Katze noch bei dir?« Halvor mußte
lachen, aber dann rief er: »Ja, die ist noch bei mir,
und sie hat sieben Junge bekommen,und die sind größer
und böser als die Alte<. >Dann kommen wir nicht
wieder!« riefen die Trolle; und seit der Zeit haben
die Trolle nie mehr Jul-Grütze gegessen bei Halvor auf
Dovre, und Halvor hat mit den Seinen immer friedlich Julklapp
feiern können.
2)
Deutung
Der
dunkle Bär im Märchen erinnert an ungeläuterte
Triebe in uns. Der weiße Bär in "Katze auf
Dovre" dagegen ist bereits weiß, ist bereits geläutert.
Der Mann von Finmark hat ihn vermutlich geläutert, kann
ihn führen.
In Halvors Hütte liegt der Bär unter dem Ofen: die
Bärenkräfte unter dem Herzen des Hauses / des Leibes.
Unter dem Herzen aber sind beim Menschen die Eingeweide. Wenn
mit den Eingeweiden alles stimmt, dann sagt der Amerikaner
: "This guy got guts!" (Der hat Eingeweide) und
meint damit: "Der hat Mumm, der hat Mut!" Wenn etwas
mit der Verdauung aber nicht stimmt, dann hat der Mensch keinen
Mumm sondern (Verzeihung!) „Schiß“.
Dann
ist es Julabend – Weihnachten, die dunkelste Zeit im
Jahr. Um Mitternacht, zur dunkelsten Zeit des Tages, kommen
die Trolle. Aber wo der weiße Bär ist, haben sie
keinen Platz. Bemerkenswert ist, daß die weißen
Kräfte herausgefordert, gereizt werden müssen. Man
kann einmal vergleichen mit Herodes und der Christgeburt...
(Frank
Jentzsch 8.2.2008)
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